Noam Chomsky über demokratische Debatten – ein smart guy über eine smarte Strategie, oder: Was hat der Mann mit Netzpolitik zu tun?

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Noam Chomsky – Toronto 2011 – wikimedia

Noam Chomsky ist ohne Zweifel einer der bekanntesten Sprachwissenschaftler der Gegenwart. Zudem gilt er als profunder Kritiker nicht nur der US-amerikanischen Politik. Seine Stimme wird gehört.

Besonders spannend wird es für mich immer dann, wenn der Linguist und Erfinder der „Chomsky-Grammatik“ sich zu den Beziehungen von Sprache und Macht, von Macht und Kommunikation und zum Design von kommunikativen Settings äußert. So auch hier. Im Folgenden eins seiner großartigen Zitate, in dem er einen Zusammenhang in nur zwei Sätzen darstellt und erläutert.

„The smart way to keep people passive and obedient is to strictly limit the spectrum of acceptable opinion, but allow very lively debate within that spectrum – even encourage the more critical and dissident views. That gives people the sense that there’s free thinking going on, while all the time the presuppositions of the system are being reinforced by the limits put on the range of the debate.“

„Der intelligente Weg, Leute passiv und fügsam zu halten, besteht darin, die Breite der akzeptablen Überzeugungen strikt zu begrenzen, jedoch innerhalb dieser Grenzen eine sehr lebhafte Debatte zu erlauben – gerade zu kritischen und anders denkenden Sichtweisen zu ermuntern. Das gibt den Leuten die Wahrnehmung, dass freies Denken möglich ist, während die ganze Zeit die Vorannahmen des Systems bestärkt werden durch die Grenzen, die der Debatte gesetzt werden.“ (Übers.: JP)

Oder mal anders gewendet: Die Macht besteht nicht darin, die Diskurshoheit zu erlangen, sondern darin, die Breite des Diskurses von vornherein festzulegen.

Daher ist es für Machtinteressierte auch so wichtig, zu versuchen, Kontrolle  und Überwachung über die Kommunikationskanäle im Internet zu erlangen. Du hast dann die Macht, wenn du die Bandbreite bestimmen kannst. (Nein, diese Bandbreite wird nicht in MBit/s gemessen …. )

Es wäre nun an der Zeit, dass die netzpolitische Debatte in Deutschland ihre eigene Bandbreite mal offensiv zum Thema nimmt.

So long, Nick H.

5 Gedanken zu „Noam Chomsky über demokratische Debatten – ein smart guy über eine smarte Strategie, oder: Was hat der Mann mit Netzpolitik zu tun?

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  • 26. April 2015 um 20:42 Uhr
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    …ach ja, und da man aufgrund diverser Untersuchungen zur Ergonomie ohnehin weiß, welche Beleuchtungsverhältnisse die besten sind, ist das Anbieten solcher Tricks gleich doppelt-verlogen…
    …man weiss es ohnehin, aber wenn man ein Bröcken Mitbestimmungs bei unwichtigen Parametern als Pseudomitbestimmung anbietet, stürzt sich das ausgebeutete Individuum auf den Strohhalm und kann so wenigstens die kognitive Dissonanz zum Scheißjob abbauen.

  • 26. April 2015 um 20:40 Uhr
    Permalink

    Im Bereich der Betriebssoziologie-/psychologie gibt’s z.B. so Tricks,
    wo die am Fliessband Tätigen Leutchen zwar nicht die Geschwindigkeit des Fliessbands oder andere Einflussgreößen bestimmen können, die die Leute überfordern….
    ….aber man erlaubt dann so Dinge, wie „Mitbestimmung“ z.B. über die Helligkeit der Werkshallen. Dann wird das Licht mal zu hell gedreht, dann dürfen die „mitbestimmen“, daß es dunkler gedreht wird, und dann dreht man es etwas zu dunkel, und dann darf man mitbestimmen, es doch wieder heller zu drehen.
    An der Fliessbandgeschwindigkeit ändert sich nichts, bzw. die kann man vielleicht dann sogar höher drehen, weil durch so Pseudomitbestimmung wie der Heligkeit bei den Fliuessbandarbeitern/-arbeiterinnen ein Gefühl von mitbestimmung und Wirksamkeit sich einstellt, und schliesslich kümmert sich ja die Geschäftsleitung ganz offensichtlich um die (nebensächlichen) Arbeitsbedingungen.

    Sowas wird wirklich als Strategie eingesetzt, damit es nicht zu Aufmüpfigkeit kommt, und die Belegschaft halbwegs bei Laune gehalten wird. Und dann kann man sie auch noch weiter auspressen…

    Potemkinsche Mitbestimmung.

    Potemkinsche Demokratie.

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