TOP 10, 27.01.2017 – Landesbibliotheksgesetz

Meine Rede am 27. Januar 2017 zum „Gesetz zum Erlass eines Landesbibliotheksgesetzes und zur Änderung weiterer Rechtsvorschriften“

Gesetzentwurf der Fraktion der CDU – Drucksache 16/11436
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Kultur
und Medien – Drucksache 16/14044
Änderungsantrag der Fraktion der CDU – Drucksache 16/14111
2. Lesung

Anmerkung: Warum die ganze Zeit der z.Z. amtierende Präsident Dr. Gerhard Papke zu sehen ist und von mir nur das spärlich behaarte Schädeldach, fragt mich nicht, ich weiß es nicht.

Aus dem Plenarprotokoll:

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Kollege Nückel. – Für die Piratenfraktion erteile ich Herrn Kollegen Dr. Paul das Wort.

Dr. Joachim Paul (PIRATEN): Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Liebe Zuschauer! Ich kann mich den Worten meines Vorredners direkt anschließen und komme auf den Punkt: Dieser Gesetzentwurf ist für die Piratenfraktion absolut zustimmungsfähig.

(Beifall von den PIRATEN und der CDU)

Das gilt auch für den Änderungsantrag, weil er kurzfristig ein paar Dinge heilt, worauf man sonst noch vielleicht zu lange hätte warten müssen.

Seit 70 Jahren – Sie haben es gesagt, Herr Sternberg – gibt es nun das Land Nordrhein-Westfalen, und so lange dauert es schon, bis sich irgendeine Landesregierung endlich dazu durchringen könnte, verflixt noch mal ein Landesbibliotheksgesetz zu verabschieden. Nach der Abstimmungsempfehlung aus dem Ausschuss für Kultur und Medien müssen wir allerdings befürchten, dass wir alle schon Spinnweben angesetzt haben, wenn so ein Gesetz mal zustande kommt. Das ist so ein bisschen wie „Warten auf Godot“. Wir finden eigentlich, dass das Nordrhein-Westfalen als größtem Bundesland und als Standort für Kultur und Medien nicht zusteht.

Aus der Anhörung haben wir fast einhellig erfahren, dass dieses Gesetz aus den Reihen der Bibliothekarinnen und Bibliothekare auch ausdrücklich gewollt ist. Aber Rot-Grün meint, es sei noch nicht an der Zeit. Dieses Geschiebe kann ich eigentlich nur als ein Zeichen für irgendwie kalte Füße bekommen – warum, weiß ich eigentlich nicht – interpretieren. Es könnte sich ja möglicherweise etwas verändern, und das wird gescheut. Dabei muss man ein solches Bibliotheksgesetz auch nicht als finales in Beton gegossenes Gemäuer errichten. Es ist nicht auf die Ewigkeit in einer in Stein gemeißelten Form zu verabschieden, im Gegenteil. Es hat dem Wandel und der Bewegung hin auf das Informationszeitalter Rechnung zu tragen.

Was hier benötigt wird, ist ein Gesetz mit einem gewissen Mindesthaltbarkeitsdatum. Es muss daher wie das Pflichtexemplargesetz turnusmäßig evaluiert und novelliert werden. So einfach ist das. Die Regelungen in einem Landesbibliotheksgesetz müssen unter kritischen und unter sich permanent verändernden Gesichtspunkten betrachtet und behandelt werden. Dazu gehören dann selbstverständlich im Prozess regelmäßige Evaluationen und Novellierungen, da-mit das Gesetz auf der Höhe der Zeit gehalten wird.

Ganz wesentlich ist aber: Gerade im Hinblick auf die Digitalisierung und den Ausbau und die Sicherung von Routineaufgaben bei den Bibliotheken ist ein solches Gesetz zielfördernd. Es würde eine weitergehende „Projektitis“ im Bereich der Bibliotheken vermeiden und heilen.

Etwas kritischer wurde die Einführung einer Landesspeicherbibliothek von den Expertinnen und Experten im Ausschuss betrachtet. Eine solche Einrichtung wäre prinzipiell nur dann empfehlenswert, wenn deren Betrieb nicht als Endlager für Aussonderungen dient, sondern diese Speicherbibliothek auch erschlossen wird und damit auch benutzbar wird im Sinne der Möglichkeiten von Suche und Recherche über das Netz.

Suche, Recherche und auch die scheinbar zweckfreie Kontemplation über Bücher, Informationen und weitere Medien sind immer Teil der Bibliothek gewesen und müssen es auch bleiben. Das bestreitet erst einmal niemand.

Ich möchte hier auch noch einmal ganz ausdrücklich betonen, dass gerade das Landesbibliotheksgesetz – das ist richtig und wichtig – vor allem in strukturschwachen Regionen oder in sozialen Brennpunkten die Einrichtung von „Dritten Orten“ für die Menschen vorsieht. Dass beides zusammen ohne Trennung und Management nicht geht, ist auch selbstverständlich. Das bedeutet aber, dass hier investiert werden muss. Diese Aufgaben sind naturgemäß nicht kostenneutral, im Gegenteil, sie sind hochnotwendige Zukunftsinvestitionen.

Genau deswegen möchte ich einen sehr wichtigen Gedanken aus dem Ausschuss hier in die große Runde werfen: Die Finanzierung der Bibliothekslandschaft in Nordrhein-Westfalen darf in Zukunft nicht nur auf den Schultern des Kulturetats lasten, wenn Bibliotheken wie hier als Bildungseinrichtungen mit mehr als einer Funktion ausgestattet werden sollen.

(Beifall von den PIRATEN)

Bibliotheken haben vielmehr als Knoten im Netz die Rolle einer elementaren Säule der Informations- und Wissensgesellschaft. Sie bilden Brücken zwischen der Onlinewelt und der Offlinewelt, zwischen dem Gestern, der Vergangenheit, dem Heute und der Zukunft. Ein Landesbibliotheksgesetz, so behaupte ich mal, wäre ein Baustein gegen ein unreflektiertes Ende des Industriezeitalters.

Wir werden beiden Anträgen zustimmen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den PIRATEN und der CDU)

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