Zum Ursprung der Kybernetik

Gastbeitrag von Ulrich Kramer

Ouroboros, Burg von Ptuj, Slovenien // Foto: Johann Jaritz

 

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Editorische Einleitung: In den Medien und im Netz feiern so einige Oxymora fröhliche Urständ. Gemeint sind Begriffe, die plötzlich ihre Ergänzung durch das führende Adjektiv „kybernetisch“ erfahren, als reichen die Begriffe selbst nicht aus, um ihre Bedrohungspotentiale genügend zum Ausdruck zu bringen. Da muss die böse, „anti-aufklärerische Kriegswissenschaft Kybernetik“ (Precht) für eine dramatische Verstärkung der Gefahr herhalten. Von kybernetischem Kapitalismus ist da die Rede, von kybernetischer Überwachung, gar von kybernetischer Diktatur. Und das Silicon Valley pflege ein kybernetisches Menschenbild. Schwärzer kann man den Schimmel nicht mehr machen. Der wirklich anti-aufklärerische Effekt ist, dass Mehr lesen

System

Dirk Baecker zum Systembegriff – reloaded

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Am 9. April 2018 veröffentlichte ich an dieser Stelle einen Beitrag mit dem Titel „Anti-Aufklärung? Kriegstechnologie? Anmerkungen zu blinden Flecken im Narrativ der Kybernetik“.

Der Soziologe Dirk Baecker sprach mir als einer der ersten seine Anerkennung aus, der Beitrag sei seiner Auffassung nach „außerordentlich hilfreich“. Und er erinnerte auch gleich daran, dass der Systembegriff in seinem Narrativ ganz ähnlichen blinden Flecken und Missverständnissen unterworfen sei Mehr lesen

Anti-Aufklärung? Kriegstechnologie? – Anmerkungen zu blinden Flecken im Narrativ der Kybernetik

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„Solange etwas ist, ist es nicht das, was es gewesen sein wird.“ Martin Walser

Aufriss

„Das Menschenbild des Silicon Valley ist das der Kybernetik, nicht das der Aufklärung“, äußerte der Philosoph Richard David Precht am 16.12.2017 in einem Interview des Magazins FOCUS anlässlich einer Buchveröffentlichung. Auf die Rückfrage des Interviewers, was das denn bedeute, erläuterte er, dass „die Aufklärung“ … „den Menschen als Individuum“ betrachte, sie seinen Wunsch des Gebrauchs der Freiheit respektiere und ihn auffordere, „die eigene Urteilskraft zu schärfen, damit er als mündiger Bürger zur Entwicklung der Gesellschaft beitragen“ könne. Allerdings, so führte Precht weiter aus, müsse „dieser Bürger natürlich auch eine Struktur in der Gesellschaft vorfinden, die es ihm“ ermögliche, „sich mit seinen individuellen Vorstellungen an ihr zu beteiligen.“

Grundlegend anders sei hingegen das Menschenbild der Kybernetik. Es gehe laut Precht davon aus, Mehr lesen

Peter Sloterdijk und die Künstliche Intelligenz, oder: Götterdämmerung und antimoderne Hysterie

Anlässlich seines 70. Geburtstags erschien im Suhrkamp-Verlag 2017 ein weiterer Band von Peter Sloterdijk mit dem Titel „Nach Gott“, eine Sammlung von Vorträgen und Aufsätzen.

Der erste, neu verfasste Beitrag titelt mit „Götterdämmerung“ und befasst sich mit den „Verständnissen“ unserer „Gegenwart als Zeit wachsender Komplexitäten und Kompliziertheiten“.[1] Es darf bemerkt werden, dass Sloterdijk zu einer Minderheit gehört, die Mehr lesen

Zwischenruf aus dem Maschinenkeller der Digitalisierung

Kritische Anmerkungen zu Schule und Digitalisierung, zur Bertelsmann-Stiftung, zur Digitalisierungskritik, hier das Bündnis für humane Bildung

~20min Lesezeit

Rücken Sie bitte ein Stück zur Seite, hier unten wird gearbeitet. Oder besser, machen Sie doch gleich woanders Ihr Geschäft ….

Ich arbeite im Keller. Und irgendwo über mir schwebt die öffentliche Debatte um das Themenfeld Bildung, Schule, Digitalisierung. Ebenso wie ich arbeiten viele andere engagierte Menschen daran, unser Bildungssystem besser zu machen, es fit zu machen für die Zukunft, die Mehr lesen

Die Bertelsmann-Stiftung, oder: Die Abwesenheit kybernetischen Denkens in der Politik

Ein Plädoyer für kybernetisches Denken in der Politik

tl;dr: Die Praxis des deutschen Stiftungsrechtes, insbesondere die Existenz der Bertelsmann-Stiftung und ähnlicher Strukturen belegt deutlich die vollständige Abwesenheit kybernetischen Denkens in der Politik.

~ 12 min Lesezeit

Kybernetisches Denken?

Sieht man von den altgriechischen Schiffslenkern einmal ab, dann ist „Kybernetik“ als Bezeichnung für eine auch technische Disziplin eine Schöpfung des 20. Jahrhunderts. Die Bedeutung als politische Denkschule jedoch ist sehr viel älter.

Die Herkunft des Begriffs ist klar bestimmbar. Mehr lesen

Cyber-Voodoo?

~7 min Lesezeit,
akustische Untermalung gewünscht? Tipp: Jimi Hendrix, Voodoo Child (Slight Return)

Es gehört zur Symptomatik unserer Zeit, dass fast täglich irgendwo auf der Welt der Rubikon überschritten wird, aber ebenso, dass wir davon wissen können. Überschreitungen neben offensichtlichen Lügen und Klitterungen auch in Form von postmodernen Sprachspielen, Dehn- ungen, Stauchungen, Verzerrungen bis hin zu Beschwörungen.

Im gleichnamigen Online-Magazin rubikon.news tummeln sich Beiträge zum Zeitgeschehen, die eine große qualitative Bandbreite zeigen. Eher am oberen Ende dieser Bandbreite angesiedelt sind Texte von Matthias Burchardt.

In einem Beitrag von Matthias Burchardt mit dem meiner Auffassung nach vertretbaren kritischen Titel „Digitalisierung von Bildung als neoliberales Projekt“ [1] vom 21.07.2017 wird quasi im schreibenden Vorbeigehen der Begriff des militärisch-kybernetischen Komplexes eingeschlichen. Das nähere textliche Umfeld dieses Begriffs besteht u.a. aus dem Text-Term „Interessen der IT-Lobby“ sowie einem Zitat des neuen alten NRW-Ministers Pinkwart, der eigenen Aussagen zufolge „digital im Kopf“ ist.[2]

Ich widerstehe hier der Versuchung, näher auf die ohne Zweifel aufschlussreiche ministeriale Auskunft zur eigenen intellektuellen Hohlraumversiegelung einzugehen.

Stattdessen frage ich mich, was dieser Burchardtsche Text-Term „militärisch-kybernetischer Komplex“ für eine Bedeutung haben könnte. Ganz eindeutig abgeleitet ist er Mehr lesen

Glaubwürdige Digitalisierungskritik muss präzise sein

Über die zuweilen stumpfe Argumentations-“Logik“ in der Digitalisierungskritik

~ 14 min Lesezeit

Publizistische Vorbemerkung: Dieser Beitrag wurde am Montag den 26. Juni 2017 erstveröffentlicht auf rubikon.news unter diesem Link. Heute gegen 16 Uhr bemerkte ich, dass der Beitrag nicht mehr abrufbar war. Auf meine telefonische Nachfrage teilte man mir mit, dass meine Kritik allzu harsch und ad personam sei, ich solle etwas ändern, dann würde man ihn wieder online stellen.

Stimmt, ich habe im Beitrag einige Aussagen des Hochschullehrers Ralf Lankau öffentlich sehr hart kritisiert, sowohl polemisch als auch unter Hinzuziehung von Quellen, Aussagen, die Lankau selbst öffentlich und mehrfach – in Wort und Schrift – getätigt hat. So etwas nennt man auch Debatte oder Diskurs. Mich jetzt einfach so und offensichtlich ohne es nötig zu haben, mir das vorher mitzuteilen, zu depublizieren, weil irgendwas irgendjemand – aus was für Gründen auch immer – nicht so recht passt, das mag ich irgendwie gar nicht. Aber ich hab‘ ja glücklicherweise nen eigenen Blog ….

Nun aber zum Text, mögen sich die geneigten LeserInnen selbst ein Urteil bilden … Mehr lesen

Ketzerische Anmerkungen zur sprachlichen Verwüstung im deutschen Fernsehen

robot-161367_200Im Titel ihrer letzten Sendung vom 30.10.2016 fragt Anne Will: „Schöne neue Arbeitswelt – Ist der Computer der bessere Mensch?“ Und schon hier im Titel offenbart sich das ganze Ausmaß einer um sich greifenden begrifflich-sprachlichen Verwüstung, denn es werden ein weiteres Mal die sprichwörtlichen Äpfel mit Birnen verglichen, Computer und Mensch.

Ja ich weiß, vrdmmt, es musste ja ein Bezug zum vorher gelaufenen Tatort hergestellt werden, aber das ist mir – mit Verlaub – scheißegal.

Im Verlauf der „Debatte“ wurde Mehr lesen

vordenker news – September 2016 – 20 Jahre www.vordenker.de

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Das Online-Journal www.vordenker.de wird im September 2016 zwanzig Jahre alt.

Nochmal: ZWANZIG!! Echt. Keine übermäßig lange Zeitspanne, oder?

Aber im turbobeschleunigten und im immer noch weiter beschleunigenden Internet und seinen WWW-Portalen und Mobile-Apps sind das Äonen!

Im September 1996 ging das Journal online, gedacht als Mehr lesen